Contact us now
+1-888-846-1732

Rechtsextremismusprävention

Zu Beginn der 1990er Jahre explodierte die rassistische und rechtsextrem motivierte Gewalt in Deutschland. Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen stehen für diese hasserfüllten Pogrome, die Angriffe auf Schwarze Deutsche, Menschen mit Migrationserfahrungen, Jüdinnen und Juden, aber beispielsweise auch auf politisch Andersdenkende und Wohnungslose. Mindestens 193 Todesopfer zählt die Amadeu-Antonio-Stiftung[1] seit 1990 und spricht von zwölf weiteren Verdachtsfällen.
Seit den frühen 1990er Jahren und mit dem Bekanntwerden der Terrorgruppe NSU 2011 ist das Bewusstsein für diese Gewalt einerseits gestiegen, aber andererseits wird immer noch allzu oft übersehen, dass täglich Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Religionszugehörigkeit oder ihrer Herkunft beschimpft und verletzt werden.
Spätestens mit dem Aufkommen von AfD 2013 und Pegida 2014 wurde deutlich, dass sich rassistische und nationalistisch begründete Ressentiments und Gewalt nicht nur Phänomene extrem rechter Einzeltäter und Terrorist_innen am gesellschaftlichen Rand sind. Vielmehr wird der Hass immer lauter und offener von allen gesellschaftlichen Milieus geäußert.

Der Rechtsextremismusprävention stellen sich folgende Fragen:

  • Sind rechtsextrem orientierte oder rechtspopulistische Jugendliche oder auch Erwachsene argumentativ noch erreichbar? Wann lohnt sich die politische Auseinandersetzung, wann lässt man es besser bleiben?
  • Wie verlaufen bei rechtsextrem orientierten Jugendlichen die Einstiegsprozesse in die rechten Szenen? Was besagen Ein- und Ausstiegsszenarien für die pädagogische Arbeit mit diesen Jugendlichen?
  • Welche jugendkulturelle Bedeutung kommt der rechten Musik zu, welche Rolle spielt die Gewaltaffinität der Szenen gerade für junge Männer?
  • Sind Mädchen und Frauen nur als „Anhängsel“ zu verstehen oder spielen sie eine eigenständige Rolle in den Szenen?
  • Sind Partizipation, Demokratie und Menschenrechte Werte, für die rechts orientierte Jugendliche (noch) zu gewinnen sind?
  • Welche Angebote und welche Grenzsetzungen bedarf die pädagogische Arbeit mit ihnen?

Rechtsextremismusprävention bedarf nicht so sehr eines pädagogischen Repertoires aus dem Zauberhut, sie benötigt vielmehr eine deutliche demokratische und menschenrechtsorientierte Haltung der Pädagog*innen.
Zudem lautet die zentrale pädagogische Herausforderung auch in der Auseinandersetzung mit rechtsextrem orientierten Jugendlichen: Wie kann die grundlegende Anerkennung der Person bei gleichzeitiger eindeutiger Ablehnung der rechten Ideologie gelingen und dem Jugendlichen deutlich werden?

Mehr:
Nils Wenzler, Anne Broden, Younes Alla (2019): Gesellschaftliche Bedrohung von Rechts. Analyse der Beratungsanfragen an die Mobilen Beratungen gegen Rechtsextremismus NRW, Düsseldorf, online abrufbar unter https://www.fgw-nrw.de/fileadmin/user_upload/FGW-Studie-RSD-04-Wenzler-2019_12_19-komplett-web.pdf

Zum Inhalt der Studie: Aus den aktuellen Beobachtungen eines wachsenden Rechtspopulismus und der Zunahme von  rassistischen und demokratiefeindlichen sozialen Bewegungen in Deutschland entstand das Forschungsinteresse, nach den Folgen und Erscheinungsformen von Rechtsextremismus und Rassismus im Alltag der Menschen sowie nach dem Engagement für den Erhalt demokratischer Räume in der Gesellschaft zu fragen. Ausgewertet wurden hierfür 970 Beratungsanfragen an die Mobilen Beratungen gegen Rechtsextremismus NRW aus den Jahren 2012 bis 2018. Die Mobilen Beratungen gegen Rechtsextremismus engagieren sich für belastbare demokratische Strukturen. Die Expertise befasst sich im Kern mit der Frage: Wer wendet sich aus welchen Gründen mit welchen Erwartungen an die Beratungsstellen? Die Studie zeigt auf, wie die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus mit Anliegen und Bedarfen adressiert wird. Ihre Arbeit, so zeigt sich, bewegt sich zwischen der Notwendigkeit von Krisenintervention, dem Bedarf an Wissensvermittlung und dem Anspruch auf Strukturveränderung sowie dem Aufbau belastbarer demokratischer Strukturen.

Anne Broden (2012): Aspekte einer kritischen politischen (und sozialen) Bildungsarbeit mit rechtsextremen und -affinen Jugendlichen, in: IDA-NRW (Hg.): Überblick 2/2012, Düsseldorf, 9-16, online unter https://www.ida-nrw.de/fileadmin/user_upload/ueberblick/Ueberblick_2_12.pdf

[1] Vgl. http://www.opferfonds-cura.de/zahlen-und-fakten/todesopfer-rechter-gewalt/ (23.05.2018)